Tewonchafi ist das neue Zauberwort in Alem Katema – zumindest für die dort ansässigen Weber. Rund 80 sind das immerhin. 30 davon sind an zwei Standorten in Associations organisiert. Sie haben nun im Dezember vier Wochen lang mit Weber-Trainer Fikadu Eshetu aus Addis an neuen Webstühlen mit dem amharischen Namen „tewonchafi“ trainiert. Der Name bedeutet „Schießen“ und bezeichnet Webstühle, bei denen der Schussfade durch einen Zug an einer Schnur an einem so genannten „Schützen“ befestigt durch die Kettfäden geschossen wird. Im Deutschen werden die Geräte deshalb auch Schützenwebmaschinen genannt. Ein Modell, das in Europa bereits in der ersten Hälfte des 18 Jahrhunderts entwickelt wurde, aber in Äthiopien außer in großen Städten überhaupt nicht verbreitet ist. In ländlichen Regionen wie Alem Katema wird das „Schiffchen“ (Vorgänger des „Schützen“) noch mit der Hand durch die Fäden geschubst. Der traditionelle Webstuhl hat außerdem keinen festen Rahmen aus Holz oder Metall und die Weber müssen allein mit ihrer Körperkraft das Webblatt, das die Fäden zusammenpresst, betätigen.
Die neuen Webstühle sparen also nicht nur Kraft sondern auch Zeit (bis zu 50 Prozent) und ermöglichen qualitativ bessere Produkte und kompliziertere Webtechniken. Ziel des im Sommer gestarteten Projekts ist die Arbeitsplätze der Weber in Alem Katema dauerhaft abzusichern. Hierfür sollen auch eine Art Genossenschaft gegründet und neue Märkte erschlossen werden. Zum Abschluss des Trainings wurden dann die neuen Webstühle mit Hilfe des Traktors aus dem NAKOPA-Projekt auf die Hallen in den Stadtteilen Dulamba und Kofina verteilt. Jeweils einer kam darüber hinaus für Ausbildungszwecke in die Berufsschule und das örtliche Gefängnis – in diesem werden derzeit 200 Insassen ebenfalls als Weber beschäftigt.
Vor allem die älteren „Shamane“ (Weber) sind jedoch noch nicht bereit auf die modernen, halbautomatischen Webstühle umzustellen. Sie bekommen nun Webstühle, die wie ihre bisherigen funktionieren, aber einen Metallrahmen haben und damit auch effektiver und einfacher zu bedienen sind.
Das Weberprojekt mit einem Gesamtvolumen von rund 33.000 € muss spätesten Mitte des Jahres abgeschlossen sein, und wir zu 75% Prozent von der Schmitz-Stiftung aus Mitteln des Entwicklungsministeriums finanziert. Der Abschluss der Maßnahme ist wiederum Voraussetzung für den Verein höhere Projektsummen für den Bau des 3. Kindergartens in Alem Katema zu beantragen.
Parallel zum Weberprojekt läuft auch die Initiative „Kreatives Textilwerk“ unseres Partnervereins Seed e.V. Eine Jury hat im Dezember bei einem Wettbewerb die kreativsten drei Weber und fünf Schneider von Alem Katema ausgewählt. Insgesamt 80 Menschen haben daran teilgenommen. Die besten ziehen nun in eine eigene Werkstatt neben den Gästehäusern, um dort als Unternehmer neue kreative und innovative Produkte für den nationalen und internationalen Markt zu entwickeln. Diese Entwicklungsmaßnahme wird zum großen Teil von der Bayerischen Staatskanzlei finanziert.